11. Blogbeitrag Selbstzuwendung

Selbstzuwendung statt Selbstoptimierung

Die Kunst des Bleibens

Warum wir aufhören müssen, uns selbst zu bekämpfen

Der Drang zur Selbstoptimierung ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Ein Blick in die sozialen Medien oder die Buchhandlungen genügt, um zu sehen, wie sehr wir dem Ideal nacheifern, eine bessere, optimierte Version unser selbst zu werden. Wir gehen ins Fitnessstudio, meditieren, buchen Coachings, nehmen Nahrungsergänzungsmittel, trainieren unser Gehirn und investieren viel Zeit und Geld in unsere Schönheit.

Lass uns genauer hinschauen: Was steckt eigentlich hinter dieser rastlosen Suche nach dem „Besseren Ich“?

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"Sei du selbst; alle anderen sind schon vergeben."

Die Falle der ständigen Flucht

Im Kern ist Selbstoptimierung oft eine Bewegung weg von unserem aktuellen Zustand. Sie impliziert fast immer eine subtile, manchmal sogar offene, Ablehnung dessen, wer und wie wir gerade sind. „Ich bin nicht gut genug, wie ich bin, aber wenn ich erst XYZ erreicht habe, dann werde ich es sein.“

Natürlich ist es essenziell, sich zu entwickeln, zu lernen und einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Doch die Basis dieser Entwicklung ist entscheidend.

Stellen wir uns zwei innere Haltungen vor:

  1. Die liebevolle Basis: „Ich möchte gut mit mir und meinem Körper umgehen, damit ich gesund bleibe und voller Energie meine Aufgaben bewältigen kann.“

  2. Die fordernde Basis: „Ich muss schöner sein, ich muss mehr Muskeln haben, ich muss klüger und leistungsfähiger werden, um endlich zu genügen.“

Die erste Haltung entspringt der Sorge und der Liebe zu uns selbst; sie ist nährend und nachhaltig. Die zweite Haltung entspringt dem Mangel und dem Kampf; sie ist gewaltvoll gegen uns selbst.

"Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze."

Der innere Kampf, den wir nie gewinnen können

Diese permanente innere Haltung des „Ich muss anders sein“ ist letztlich eine Form von Gewalt gegen das eigene Sein. Wir führen einen Kampf gegen den Menschen, der wir in diesem Moment sind.

Und hier liegt die Crux: Aus einem Kampf mit uns selbst kann niemals dauerhaftes Glück und tiefe Zufriedenheit resultieren.

Wir werden kämpfen und kämpfen, uns von einem Ziel zum nächsten hetzen, die Latte immer höher legen – und nie wirklich dort ankommen, wo wir uns hinkämpfen wollten. Denn sobald wir ein Ziel erreicht haben, hat sich das „Ist-noch-nicht-gut-genug-Gefühl“ bereits das nächste gesucht. Die Flucht geht weiter.

Das Gleiche gilt für unsere Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften. Selbstführung ist wichtig, und natürlich sollten wir destruktive Gedanken und Verhaltensmuster erkennen und verändern, damit sie uns und unserer Umwelt nicht schaden.

Aber es gibt einen Unterschied zwischen liebevoller Veränderung und kämpfender Ablehnung.

„Kein Mensch kann sich wohlfühlen, wenn er sich nicht selbst akzeptiert.“

Selbstzuwendung: Die Kunst des Bleibens

Das Thema des Blogbeitrags lautet: Selbstzuwendung heißt nicht, alles an sich zu mögen. Es heißt, bei sich zu bleiben – auch wenn es schwer ist.

Das ist der Kern.

Wir dürfen bestimmte Dinge an uns nicht gut finden – unsere Ungeduld, unsere Angst vor Ablehnung, die hartnäckige Angewohnheit des Aufschiebens. Das ist menschlich. Aber der Kampf dagegen, das hartnäckige Ablehnen dieser „schlechten Seiten an uns“, ist auf Dauer der Weg ins Unglück.

Warum? Weil wir in diesem Kampf Teile von uns selbst ablehnen. Diese abgelehnten Teile in uns leiden unter der Verurteilung und der inneren Verbannung. Sie werden versuchen, gehört zu werden, sich zu widersetzen, und so den inneren Kampf und das Unglück am Leben halten. Wir zerreißen uns innerlich.

Wahrer Friede und echtes Glück entstehen erst mit einem liebevollen und akzeptierenden Blick auf uns selbst:

Die Teile, die wir nicht gut finden (z.B. die Ungeduld).

– Und sogar die Teile, die das nicht gut finden, was wir an uns nicht gut finden (z.B. der innere Kritiker, der die Ungeduld verurteilt).

„Du bist nicht nur der, der du gerne wärst. Du bist auch der, den du ablehnst.“

Die Akzeptanz ist nicht das Ende der Veränderung, sondern ihr Anfang

Selbstzuwendung bedeutet nicht Passivität oder Resignation. Im Gegenteil: Sie schafft die Grundlage für echte, nachhaltige Veränderung.

Wenn wir bei uns bleiben, auch wenn es schwer ist, auch wenn wir uns unperfekt, ängstlich oder unmotiviert fühlen, dann schaffen wir einen Raum der Sicherheit und des Friedens in uns.

Erst aus dieser Basis der liebevollen Annahme heraus kann sich etwas entwickeln. Akzeptanz bedeutet: „Ich sehe dich, innerer Anteil, mit deiner Angst, ich urteile nicht. Du darfst da sein.“

Und aus dieser liebevollen Haltung heraus ist der nächste Entwicklungsschritt nicht mehr ein krampfhaftes Müssen, sondern ein freies Wollen. Es ist nicht mehr der Kampf, der treibt, sondern die Liebe und der Wunsch nach einem gesunden, glücklichen Leben.

Hören wir auf, uns selbst zu bekämpfen. Bleiben wir bei uns, atmen wir durch und schenken wir uns die Zuwendung, die wir so sehr brauchen. Die Revolution beginnt nicht im nächsten Coaching oder der nächsten Diät, sondern in der stillen, liebevollen Akzeptanz des Moments – genau hier, genau jetzt.

Wer schreibt hier?

Ich bin Oliver, Gestalttherapeut mit Herz für Tiefe, Psychotherapie und Verbundenheit. In diesem Blog teile ich Impulse für Menschen, die sich selbst wieder näher kommen wollen.

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