Selbstzuwendung klingt auf den ersten Blick fast banal. Einfach die Aufmerksamkeit nach innen richten, auf sich selbst. Klingt simpel. Doch wer es ausprobiert, merkt schnell: da passiert oft gar nicht so viel. Und genau das ist der spannende Punkt.
Denn häufig passiert nicht deshalb „nichts“, weil da wirklich nichts wäre – sondern weil wir den Kontakt zu uns selbst teilweise verloren haben. Wir sind von uns abgeschnitten. Nicht bewusst, nicht absichtlich. Es ist vielmehr eine über Jahre eingeübte Überlebensstrategie.
Wir merken es meist erst, wenn Probleme im Außen auftauchen:
wenn der/die Partner/in uns vorwirft, wir seien nicht wirklich spürbar, nicht richtig da,
wenn andere unsere Grenzen überschreiten und wir uns überlastet oder respektlos behandelt fühlen,
wenn wir immer wieder falsch verstanden werden,
wenn wir Angst vor Abwertung haben oder depressive Phasen erleben.
Unsere erste Reaktion ist dann oft, die Gründe im Außen zu suchen und die Welt verändern zu wollen. Aber das bleibt meist unbefriedigend. Spätestens wenn wir merken: Vielleicht tue oder unterlasse ich selbst etwas, das mit meiner Situation zu tun hat.
„Du kannst nicht wirklich mit einem anderen Menschen in Beziehung treten, solange du nicht gelernt hast, mit dir selbst in Beziehung zu sein.“
– Thich Nhat Hanh Tweet
Wenn wir beginnen, den Blick nach innen zu wenden, stoßen wir oft auf Gefühle, die wir lange weggeschoben haben.
Da ist vielleicht Traurigkeit über wiederholte Grenzverletzungen.
Hinter der Traurigkeit zeigt sich vielleicht Wut – die wir uns nicht eingestehen konnten, weil Wut in unserer Kindheit gefährlich oder unerwünscht war.
Oder wir spüren, dass im Konflikt mit der Partnerin Wut und emotionale Kälte auftauchen – und dahinter liegt Angst. Hinter der Angst wiederum tiefe Verletzlichkeit, die wir früher nie zeigen durften.
Wenn wir uns trauen, diese Schichten zu fühlen, öffnen sich neue Möglichkeiten:
Wut gibt uns die Kraft, klare Grenzen zu setzen.
Verletzlichkeit erlaubt Nähe und tiefe Beziehung.
„Und es kam der Tag, an dem das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzhafter wurde als das Risiko, zu erblühen.“
– Anaïs Nin Tweet
Selbstzuwendung ist kein Wellness-Tool. Es ist eine Reise. Manchmal schmerzhaft, manchmal schwierig – aber zutiefst lebendig.
Wir stoßen auf Teile von uns, die vielleicht Jahrzehnte verschüttet waren. Wenn diese Anteile wieder Raum bekommen, geschieht etwas Besonderes:
Lebensenergie wird frei.
Wir fühlen uns ganzer, verbundener, lebendiger.
Wir haben mehr Möglichkeiten zu handeln, sind flexibler – und letztlich freier.
Selbstzuwendung mag unscheinbar wirken. Doch sie ist ein radikaler Akt: sich selbst wiederzufinden, statt sich im Außen zu verlieren.
Und das verändert alles – Beziehungen, Grenzen, Lebensfreude, Freiheit.

Ich bin Oliver, Gestalttherapeut mit Herz für Tiefe, Psychotherapie und Verbundenheit. In diesem Blog teile ich Impulse für Menschen, die sich selbst wieder näher kommen wollen.
und du dir Begleitung auf deinem Weg wünschst – schau gerne auf der Therapieseite vorbei.